258 §. 91. Die Religionskriege in Deutschland.
festigen, und seine Streitkräfte aus Ungarn und Ztalien zu-
sammenziehen , worauf er sodann gleich die N e i ch s a ch t
gegen die schmalkaldischen Bundeöhäupter
aussprach.
Da diese mehr vertheidigungs-, als angriffsweise zu Werke
gehen wollten, so wagten sie bei ihrer Belagerung von In-
golstadt keinen ernstlichen Sturm, sondern brachen bald wie-
der auf, um das aus den Niederlanden herkommende kaiserliche
Hülfsheer an einer Vereinigung mit dem Kaiser zu verhindern.
Da ihnen aber dies nicht gelang, so gieng nun der Kaiser
'angriffsweise zu Werke und drang in Schwaben ein. Eben
als die schmalkaldischen Fürsten, weil sie von den oberländi-
schen Städten nicht ausreichend unterstützt wurden, Friedens-
vorschläge thaten, trat Moritz, nachdem er vom Kaiser
die geheime Versicherung der Kur würde erlangt
hatte, offen für den Kaiser auf und nahm das Land
Johann Friedrichs, das ihm dieser bei'm Ausbruch des Krieges
arglos zur Verwaltung anvertraut hatte, in eigenen Besitz. Da
nun der Kaiser die Verbündeten aufforderte, sich auf Gnade
und Ungnade zu unterwerfen, so zogen die Fürsten vom
bisherigen Kriegsschauplatz ab, ein jeder um sein Land zu
vertheidigen.
Während der Kaiser sich nun alle süddeutschen
Städte unterwarf und sie m i t st a r k e n Schatzungen
bestrafte, befreite Kurfürst Johann Friedrich, sein Land
von den schwachen Besatzungen Moritzens, der sich zu Ferdi-
nand nach Böhmen flüchtete, und nahm an der Elbe eine
für Ferdinand drohende Stellung ein.
Dies bewog den Kaiser nach Böhmen aufzubrechen und
nach seiner Vereinigung mit Ferdinand und Moritz mit einem
starken Heere von da aus in Sachsen einzurücken, wo er den
nach Wittenberg eilenden Kurfürsten einholte, ihn
1547 in der Schlacht bei Mühlberg gefangen nahm und seines
Kurfürstenthums verlustig erklärte, das nun an Moritz ver-
liehen wurde, so daß also die K u r nun auf die albe r-
tinische Linie von Sachsen übergieng.
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Extrahierte Personennamen: Moritz Johann_Friedrichs Johann Friedrichs Johann_Friedrich Johann Friedrich Moritzens Ferdinand Ferdinand Moritz Moritz
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Ungarn Niederlanden Schwaben Sachsen Wittenberg Mühlberg Sachsen
260 §. 9l Die Religionskriege in Deutschland.
neue Papst Julius Iii verlegte das Concil wieder nach Trient
zurück, und da jetzt auch die deutschen Erzbischöffe und Prälaten
ihren Sitz dort einnahmen, so schickten auch einige protestantische
Fürsten, darunter Sachsen, ihre Theologen zum Concil. Schon
schien der Kaiser seinem Ziele, der Beschränkung päpstlicher Ge-
walt, nahe zu seyn, als sich plötzlich die auswärtigen Angelegen-
heiten wieder so drohend gegen ihn gestalteten, daß er es für
gut fand, vor Allem den Widerstand in Deutschland zu brechen.
Er befahl daher Moritzen, an dem widerspenstigen Magde-
burg die Reichsacht zu vollstrecken, und dieser schloß die
Stadt mit einem Heere ein.
Da aber ganz Deutschland den vom Kaiser ausgehenden
Druck täglich härter empfand und den Moritz als Urheber
desselben ansah und verabscheute; Moritz selbst aber mit des
Kaisers Politik unzufrieden war (theils weil dieser seinen
Schwiegervater fortwährend in hartem Gewahrsam hielt, theils
weil der Kaiser damit umgieng, seinen Sohn, den sp a n i sch e n
Philipp, den Deutschen zum Nachfolger im
Kaiserthum aufzudringen): so änderte Moritz plötz-
lich seine Gesinnung gegen den Kaiser. Er schloß insgeheim
mit einigen protestantischen Fürsten einen Bund und verschaffte
sich von König Heinrich Ii von Frankreich Geldhülfe gegen
das Versprechen, ihm dafür das Reichsvicariat von M e tz,
Tou), Verdun und Cambray (Kammerich) zu überlassen;
alsdann vertrug er sich mit der Stadt Magdeburg, brach mit
seinen Bundesgenossen Wilhelm von Hessen und Mark-
graf Albrechtvonbrandenburg-Culmbach gegen
den Süden auf und überfiel den nichts Arges ahnenden
Kaiser in Innsbruck, so daß dieser kaum Zeit hatte
nach Kärnthen zu entfliehen.
Hierauf berief sein Bruder, König Ferdinand, die pro-
stantischen und katholischen Fürsten zu einem Fürstentag nach
Passau, auf welchem
1832 im Passauer Vertrag den Protestanten Augsburgischer
Confession völligegewifsensfreiheit eingeräumt und die
bürgerliche Rechtsgleichheit in Aussicht gestellt wurde. Nachdem
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Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Sachsen Deutschland Deutschland Verdun Magdeburg Hessen Albrechtvonbrandenburg-Culmbach
§. 89. Fortgang der Reformation. _ 245
allgemeines Concilium, verbrannte vor dem Thore zu
Wittenberg
1320 den 10. December die päpstliche Bulle sammt dem
römischen Kirchenrechte, und sagte sich damit vom
Papstthume los.
Ein Jahr zuvor hatte auch in der Schweiz der Pfarrer
Huldrich Zwingli in Zürich, gleichfalls aus Veranlassung
des Ablaßhandels, eine Reformation begonnen, die eben so
raschen Fortgang hatte. Während der tiefsinnige Luther in
seiner durch und durch monarchischen Gesinnung vom kirchlich
Bestehenden ausgieng und durch Reinigung des Glaubens
auf Sitte und Leben zu wirken strebte, wollte Zwingli als
geborner Republikaner in seiner, mehr den Bedürfnissen des
gemeinen Lebens zugewandten Gesinnung zunächst Sitte und
Leben bessern und als moralisch-politischer Reformator die
Eidgenossenschaft zu ihren ursprünglichen Grundsätzen zurück-
führen. In diesem Gegensätze lag der verschiedenartige Fort-
gang der deutschen und der helvetischen Reformation, so wie
das verschiedenartige Schicksal der beiden Reformatoren.
2. Fortgang der Reformation.
§. 89. ^Unterdessen hatten nach Kaiser Marimilian's I Tode die
Kurfürsten auf den Rath des bisherigen Reichsverwesers,
Friedrich's des Weisen von Sachsen, der die ihm angetragene
Krone ausschlug, den König Karl I von Spanien, Enkel
Marimilian's und Ferdinands des Katholischen, zum Kaiser
gewählt und ihn den 22. Oktober 1520 als Karl V gekrönt.
Da sich auch bereits bedeutende Reichsfürsten, wie der
Kurfürst Friedrich von Sachsen, der Landgraf Phi-
lipp von Hessen, der Markgraf Albrecht von
Brandenburg, auf Luther's Seite neigten, und die Be-
wegung gegen die Kirche allgemein zu werden drohte, wurde
Luther vom Kaiser gegen sicheres Geleite
1321 auf dem Reichstag zu Worms vorgefordert, um sich
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Extrahierte Personennamen: Huldrich_Zwingli Zwingli Karl_I_von_Spanien Karl Enkel
Marimilian's Ferdinands Karl_V Karl Friedrich_von_Sachsen Friedrich Albrecht_von
Brandenburg Albrecht
§. 89. Fortgang der Reformation.
247
krieg in Thüringen und Franken, wobei eine Menge
Ritterburgen und Klöster geplündert und zerstört wurden.
Als Luther dieses heillose Beginnen erfuhr, schrieb er im
äußersten Unwillen mehrere Schriften gegen die Aufrührer,
worin er sie zum Gehorsam gegen ihre Obrigkeit anwies
und die Fürsten aufforderte, diesen Gräueln zu steuern.—
Beide Aufstände wurden auch bald von den fürstlichen Heeren
gedämpft und die Empörer hart, zum Theil grausam gestraft,
wozu allerdings der religiöse Gegensatz mitwirkte.
Obgleich diese traurigen Vorfälle in Vielen die Theil-
nahme für die Reformation schwächten, so befestigte sich
diese doch immer mehr, zumal einerseits Karl wegen seiner
Kriege mit Frankreich beständig von Deutschland abwesend,
und dessen Bruder Ferdinand, als Reichs v er Weser,
gewaltsamen Maaßregeln nicht geneigt war. Zugleich erwies
sich der Nachfolger Friedrichs des Weisen, Johann der
Beständige, mit seinem ernsten, tiefreligiösen Gemüthe
besonders thätig für die Reformation, indem er in Sachsen
die erste Kirchenreform einführte, welche sich bald auch
andere evangelische Fürsten zum Muster nahmen, besonders
seit die (vorzüglich ihm zu verdankende) Fassung des Reichs-
abschieds von 1526 der Ausbildung der Landes-
kirchen Vorschub leistete.
Ein Jahr zuvor, 1525, hatte auch Markgraf Al brecht
von Brandenburg, als Hochmeister des deutschen Or-
dens, seinen geistlichen Stand aufgegeben und bei seinem
Übertritt zur lutherischen Lehre das Ordensland Preußen,
mit Einwilligung der Stände desselben, als ein erbliches
Herzogthum in weltlichen Besitz genommen.
Überall, wo die Grundsätze der Reformation Annahme
fanden, wurde daher der Cölibat und das Klosterwesen auf-
gehoben, der Gottesdienst in der Landessprache gehalten,
den Laien der Antheil am Kelch zurückgegeben, die bis dahin
von Luther übersetzten Theile der Bibel verbreitet, und der
christliche Unterricht der Jugend und des Volkes, wofür
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Extrahierte Personennamen: Karl Karl Ferdinand Ferdinand Friedrichs Johann Luther
Extrahierte Ortsnamen: Thüringen Frankreich Deutschland Sachsen Brandenburg
§. 91. Die Religionskriege in Deutschland. 259
Auch Landgraf Philipp wurde nun aufgefordert,sich
auf Gnade und Ungnade zu unterwerfen und demüthigk Ab-
bitte zu thun. Nur, als sich sein Schwiegersohn Moritz und
der Kurfürst Joachim (von Brandenburg) verbürgten, daß
ihm Freiheit und Leben ungefährdet bleiben würde (eine
Bürgschaft, zu der sie sich auf verschiedene mündliche Ver-
sicherungen Ferdinand's und des Kaisers hin berechtigt glaub-
ten), verstand sich der Landgraf zur verlangten fußfälligen Ab-
bitte, wurde aber gefangen zurückbehalten und, ungeachtet aller
Vorstellungen der beiden Kurfürsten bei'm Kaiser, nach Donau-
wörth und später nach den spanischen Niederlanden abgeführt.
Hierauf rief den Kaiser sein wiedereingetrctenes Zer-
würfniß mit dem Papste nach Oberdeutschland. Das
Tridentiner Concilium hatte nämlich in seinen ersten Sitzungen
eine Glaubenslehre aufgestellt, von welcher der Kaiser vor-
aussah, daß die Protestanten, die er immer noch für eine
Vereinigung zu gewinnen hoffte, sie nicht annehmen würden.
Er suchte also den Papst dahin zu bewegen, die Veröffent-
lichung dieser Beschlüsse noch geheim zu halten. Weil aber
der Papst wohl einsah, daß der Kaiser auch den Plan nicht
aufgegeben habe, die päpstliche Gewalt einzuschränken, so
veröffentlichte er ungesäumt jene Beschlüsse, und ließ es zu,
daß sich das Concilium nach Bologna verlegte.
Daher versuchte nun der Kaiser ohne den Papst
1348 durch das sogenannte Augsburger Interim eine Refor-
mation der deutschen Kirche vorzunehmen, indem er den Prote-
stanten den Kelch, die Ehe der Geistlichen und den Besitz der
eingezogenen geistlichen Güter zugestand, aber im Übrigen
Gehorsam gegen die römische Kirche auferlegte. Nahmen auch
mehrere protestantische Fürsten, darunter Moritz und Joachim,
das Interim an, so erhob sich doch von Seiten der protestan-
tischen Städte allgemeiner Widerspruch dagegen und am
meisten widersetzte sich Magdeburg diesem Gewissenszwang.
Unterdeß nahm die Angelegenheit des Conciliums eine für
den Kaiser günstige Wendung. Papst Paul Iii starb und der
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Extrahierte Personennamen: Philipp Philipp Moritz Joachim Moritz Joachim Paul
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Brandenburg Oberdeutschland Bologna Magdeburg Conciliums
§. 103. Preußens Emporkommen.
30f?
einem neuen Kriege mit den Türken zu entschädigen, zog
ihm darauf auch noch den Verlust von Serbien mit
Belgrad und seines Antheils an der Wallachei zu.
4. Preußens Emporkommen.
1. Die beiden ersten schlesischen Kriege.
§. 103. (Jftit dem Jahre
17ld, da Friedrich Ii in Preußen und Maria Theresia
in Österreich den Thron bestieg, traten für Europa wichtige
Veränderungen ein.
Den Grund zur Macht des brandenburgisch-
preußischen Hauses hatte der gerade 100 Jahre zuvor
geborne große Kurfürst Friedrich Wilhelm von
Brandenburg dadurch gelegt, daß er im Welauer
Vertrage mit Polen 1657 die Souverainetät über
Preußen erwarb, und durch seinen Kriegsruhm (als Ver-
bündeter Hollands gegen Ludwig Xiv (§. 99), insbe-
sondere als Sieger bei Fehrbellin 1675), so wie
durch seine weise Verwaltung jenes Ansehen noch bedeutend
erhöhte.
Darauf erlangte sein Sohn, der Kurfürst Friedrich Ii
dafür, daß er den Kaiser Leopold im spanischen Erbfolge-
kriege unterstützte, 1701 die Königswürde in Preu-
ßen, erweiterte durch mehrere Erwerbungen (darunter
Neufchatel und Valangin) den Staat, stürzte ihn aber
auch durch seine verschwenderische Prachtliebe in drückende
Schulden.
Doch sein Sohn und Nachfolger, König Friedrich
Wilhelm I (1713 — 1740), half dieser Noch ab, und
brachte, als ein zwar wissenschaftlicher Bildung nicht ge-
neigter und für das Soldatenthum voreingenommener, aber
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Extrahierte Personennamen: Friedrich_Ii Friedrich Maria_Theresia Maria Theresia Friedrich_Wilhelm_von
Brandenburg Friedrich Wilhelm Ludwig_Xiv Ludwig Friedrich_Ii Friedrich Leopold Leopold Friedrich
Wilhelm Friedrich Wilhelm
Extrahierte Ortsnamen: Serbien Belgrad Europa Hollands Fehrbellin
am Borabend ver neuesten Zeit.
313
thanen zu beglücken, fiel aber in den Fehler allzurascher
N e u e r un g en, die weder ihm, noch seinen Völkern den
gehofften vollen Segen brachten. Hingegeben der neuern
Politik, die das Gewissen weniger, als den eigenen Vortheil
befragte, griff Joseph Ii, nach geschehener Theilung Polens,
1777 bei dem Ausfterben des wittelsbachisch-bayri-
schen Manns st am mes nach dem nachbarlichen Bayer-
lande, ließ sich den größten Theil desselben von dessen näch-
stem Erben, Karl Theodor von der Pfalz, abtreten und
es gleich besetzen.
Aber gegen dieses Verfahren erklärte sich Friedrich
der Große zu Gunsten des Herzogs von Zweybrücken, des
Erben der pfälzischen Kur, und brachte durch ein in Böhmen
einrückendes Heer den Kaiser im Frieden zu Teschen
1779 dahin, daß er Bayern bis auf das Innviertel und
Braunau wieder herausgab.
Einen neuen Versuch Josephs, Bayern durch einen Tausch
gegen die österreichischen Niederlande an sich zu bringen, ver-
eitelte abermals der wachsame Friedrich durch die Stiftung
des deutschen Fürstenbundes zur Aufrechthaltung
der Rechte der deutschen Reichsfürsten.
Im nächsten Jahre darauf 1786 starb Friedrich der
Große mit dem Ruhme, die Größe seines Hauses vollendet
zu haben. Vier Jahre darauf, 1790, starb auch Joseph,
nachdem er sich durch reformirende Eingriffe in die katholische
Kirche (namentlich durch Aufhebung der Klöster, durch das
Bestreben, die Kirche seines Staates vom Papste unabhängig
zu machen, durch den Erlaß des Toleranzedictes re.) den
Unwillen der Geistlichkeit — und durch gewaltsame Einführung
gleicher Gesetzgebung und Verwaltungsweise die Unzufrieden-
heit der Ungarn und die offene Widersetzlichkeit der Nie-
derländer zugezogen hatte.
Sein Nachfolger Leopold Ii konnte daher nur durch
Einlenken und Nachgeben die unzufriedenen Völker, so wie
durch manche Zugeständnisse die Hierarchie wieder beruhigen.
O
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der_Große Friedrich Friedrich Friedrich Friedrich_der
Große Friedrich Joseph Leopold_Ii Leopold